10 – Plauderei mit Gresty

Nach Schottland kehrt Ruhe ein – eine unnatürliche, trügerische Ruhe. Die Investigatoren versuchen zur Normalität zurückzukommen, umgeben von Motorenlärm, Regen und Zeitungsjungen, die vom „Wirtschaftscrash in Amerika“ rufen. Jeder versucht auf sein Art, die erlebten Dinge zu verdrängen und zu vergessen und im März entschwindet Aldebaran außer Sicht, und Träume und Inspiration vergehen wie der letzte Schnee.

Gilbert Fillmann sucht sein Heil in körperlicher Ertüchtigung und verbessert seine Fechtkünste mit einem alten Veteranen aus seiner Militärzeit. Reginalt Patterson flüchtet in die spanische Pampa und konzentriert sich ganz auf das Malen und kann mithilfe der Tochter des Landwirts seine Spanischkenntnisse verbessern bevor es ihn wieder zurück nach London zieht. Dr Rowland Hightower umgibt sich auch in den dunklen Monaten mit seinen Patienten und muss lernen, dass nicht jeder Irre auch tatsächlich verrückt ist, als ein Patient ein sehr gut getroffenen Bild der Stadt Carcosa vorlegt. Lady Clara stürzt sich mithilfe ihres Bücherdealers und dem Sexualmagier Crowley in die geheimen Künste des Okkulten und schafft nur mit Mühe den Spagat zurück zwischen Wohltätigkeitsabenden und dunklen Experimenten. Arthur McBrite quittiert den Dienst bei Lady Clara und schafft es über einen alten Fliegerkumpel zurück zur RAF – muss aber feststellen, dass auch hoch oben im Himmel die Dinge nicht weniger seltsamer
sind als hier auf der Erde und die RAF bei ausgeborgten Flugzeugen keinen Spaß versteht. Gabriel Donovan nimmt sich zwar vor, völlig auf der legalen Seite des Gesetzes zu bleiben, lässt sich aber doch von einem alten Kumpel zu einem „totsicheren Ding“ überreden und bezahlt das mit einer Kugel im Fuß. Doch dann entschwindet Aldebaran außer Sicht, und Träume und Inspiration vergehen wie der letzte Schnee.

Mit dem Oktober 1929 kehrt der Stern Aldebaran an den Nachthimmel zurück – und mit ihm die Träume. Die Investigatoren erleben sie in Splittern: Wasserflächen aus schwarzem Glas, maskierte Gestalten auf Terrassen, eine ferne Musik wie aus einem verrosteten Grammophon.
Draußen weht Wind durch die leeren Straßen. Eine Zeitung löst sich von der Hauswand und fliegt davon – auf der Titelseite: “Aldebaran hell am Himmel – schönster Stern des Winters!“

Das Gefühl von Machtlosigkeit nimmt bei den Investigatoren ebenfalls zu und in ihnen entsteht das Bedürfnis, sich mit ihren ehemaligen Mitstreitern auszutauschen. Immerhin sind dies die einzigen Personen, die dasselbe wie sie erlebt haben und sie vielleicht werden verstehen können. Und ihre Kameraden wissen, dass sie nicht verrückt sind, denn auch sie spüren, dass der Gelbe König bereits auf seinem Weg zur Erde ist.

Die einzige verbleibende Möglichkeit, weiter in diesem Bereich zu forschen ist Malcolm Quarrie. Als letzter der okkulten Gruppe rund um den verblichenen Edwards kann er noch gefährlich werden. Da trifft es sich sehr gut, als Arthur einen Zeitungsbericht entdeckt, wonach ein Mann namens Gresty bei einem Einbruch in eine Kirche gestellt wurde und morgen vor dem Gericht erscheinen muss. Gresty ist der Kerl, der den Investigatoren zwei Briefe geschrieben hat und ihnen so bei Bacon helfen konnte. Man vermutet also, dass er – wenn schon kein wirklicher Freund, dann zumindest auch kein Feind ist.

Gresty vor Gericht

Die Investigatoren sitzen im muffigen Zuschauerraum des Magistrates’ Court. Staub tanzt im schmalen Sonnenlicht. Gresty, hager, bandagierte Hände, schwitzend in seinem abgetragenen Anzug, bekennt sich schuldig.
Der Richter, Ivan Edward Snell, spricht das Urteil mit der müden Routine eines Mannes, der längst nichts mehr überrascht. Gresty wirkt wie ein Tier im Käfig – zu zerbrechlich, um gefährlich zu sein, und doch mit einem unheilvollen Glanz in den Augen. Er scheint jedoch aufrichtig reuevoll zu sein und bekennt sich in allen drei Anklagepunkten schuldig, gibt aber an, dass die Körperverletzung unbeabsichtigt geschah. Gresty führt aus, es ginge ihm in letzter Zeit gar nicht gut und er habe Probleme damit, überhaupt Schlaf zu finden. Seine Erinnerung an die besagte Nacht sei zudem nur sehr vage und unvollständig. Er erinnere sich daran, dass er nicht habe einschlafen können, und müsse wohl nach Mitternacht aufgestanden sein, um sich anzuziehen als er an der Christ Church in Spitalfields vorbei kam, habe er den unüberwindbaren Drang verspürt, hineinzugehen und zu beten. Er glaube, ein Fenster aufgebrochen zu haben, und vermutlich stammen daher auch die Verletzungen an seinen Händen. Weiterhin könne er sich daran erinnern, vor dem Altar gebetet zu haben, als er Mr. Unsworth, den Küster, rufen gehört habe. Daraufhin sei er wohl in Panik aufgesprungen und zur Tür gerannt – derselben Tür, durch die Mr. Unsworth gerade die Kirche betreten hatte. Er habe gar nicht bemerkt, dass dieser dort stand, und auch nicht, dass er ihn bei seiner Flucht umgestoßen hätte. Gresty dreht sich daraufhin im Gerichtssaal zu dem ebenfalls anwesenden Mr. Unsworth um und entschuldigt sich bei ihm. Das Urteil ist weder milde noch hart und so ist Gresty nach Bezahlung der Strafe ein freier Mann. Die Investigatoren aber aber die Adresse von Gresty und sie beschließen, ihn gleich aufzusuchen.

Er ist überrascht, aber nicht unbedingt misstrauisch, als sie dann gemeinsam im Pub sitzen und sich gegenseitig vorstellen. Das Pub ist verraucht, voller Stimmen und Biergeruch und so fällt es nicht weiter auf, als Gresty mit lautstarker Stimme Edwars und seine Leute verspottet und von seinen wahren britischen Göttern Shub-Niggurath, Y‘Golonac und Nug erzählt und sich eine der schwarzen Pfeifen vom Hals reisst und quer durch den Raum wirft.

Den Investigatoren, vor allem Reginald gelingt es, genau die richtigen Tasten bei Gresty zu drücken um ihn bei seinen Verschwörungstheorien zu unterstützen und zu beschäftigen. Gresty führt die Investigatoren in nächtlicher Trunkenheit durch Spitalfields und erzählt vom Architekten Hawkwood, der diese erbaut hat und unterlegt alles mit seinen kruden Verschwörungsideen.
Später, im zweiten Pub als nur mehr Reginald bei ihm aushält und während die Sperrstunde naht, lallt Gresty endlich, was er verschweigen wollte: Er kommt aus Mercy Hill, irgendwo im Severn Valley. Dort sei „die Quarrie“ – Hillary – und dort warte „die wahre Macht“.

Die Investigatoren beschließen, in den mittleren Westen von England zu reisen und dort Nachschau zu halten: Vielleicht kann ihnen dort Mrs Quarrie auf der Suche nach ihrem Mann weiterhelfen.